Zahnverletzungen
Immer wieder kommt es im Rahmen von Stürzen, Unfällen oder auch durch Gewalteinwirkung von außen zur Verletzung von Zähnen. Gerade Kinder stürzen häufig, ob bei den ersten Gehversuchen, beim Toben oder Radfahren.
Bei den Zahnverletzungen unterscheidet man die reine Verletzung der Zahnhartsubstanz von einer Verletzung, die auch den Zahnhalteapparat mit einbezieht.
Am häufigsten treten Kronenfrakturen auf. Dabei sind meist die mittleren oberen Schneidezähne betroffen.
Symptome – Beschwerden
Bei einer Verletzung der Zahnhartsubstanz (Oberbegriff für Zahnschmelz, Dentin (Zahnbein) und Wurzelzement) verbleibt der Zahn in seinem Knochenfach, der sogenannten Alveole.
Frakturen der Zahnhartsubstanz werden in drei Bereiche unterteilt: Kronen-, Kronenwurzel- und Wurzelfrakturen.
Bei den oben genannten Verletzungen befindet sich der betroffene Zahn zumeist noch in seinem Knochenfach.
Es gibt jedoch auch zahlreiche Verletzungen, bei denen der Zahn aus seiner Alveole heraus- oder hineingedrückt wird, der Zahn wird verlagert oder geht gänzlich verloren.
Von einer Subluxation spricht man, wenn der betroffene Zahn gelockert ist.
Des Weiteren kann ein Zahn durch eine Verletzung verlagert werden, das heißt, er liegt nicht mehr korrekt in seiner Alveole. Hierbei werden die laterale Luxation (seitliche Verlagerung) sowie die Intrusion (Verlagerung des Zahnes nach innen) und die Extrusion (Verlagerung des Zahnes nach außen) unterschieden. Fällt ein Zahn im Rahmen einer Verletzung aus, wird dies als Totalluxation bezeichnet.
Mögliche Symptome nach Zahnverletzungen:
- Schmerzen
- Ausbissempfindlichkeit
- Temperaturempfindlichkeit
- Perkussionsempfindlickeit (Klopfempfindlichkeit)
- Erhöhte Zahnbeweglichkeit
- Blutungen
- Zahn ist intrudiert (kürzer)
- Zahn ist extrudiert (länger)
Pathogenese (Krankheitsentstehung) – Ätiologie (Ursachen)
Zahnverletzungen sind die Folge traumatischer Ereignisse. Dazu zählen Stürze, Gewalteinwirkung und Unfälle.
Folgeerkrankungen
Zähne können nach einen Trauma so stark geschädigt sein, dass es zum Absterben der Pulpa (des Zahnnerven) kommt, was eine endodontische Therapie (Durchheilung von Wurzelkanälen) nach sich zieht. Ebenso können Wurzelkanalobliteration (Wurzelkanalverschlüsse) sowie interne oder externe Resorptionen an den betroffenen Zähnen auftreten.
Bei Frakturen im mittleren Wurzeldrittel muss der betroffene Zahn in der Regel extrahiert werden, so dass eine versorgungsbedürftige Lücke in der Zahnreihe entsteht.
Wird ein Zahn nach einer Totalluxation wieder eingesetzt, kann es zur Ausbildung einer Ankylose (der Zahn verwächst mit dem Knochen und verliert seine Eigenbeweglichkeit) kommen.
Diagnostik
Bei Verdacht auf eine Fraktur eines oder mehrerer Zähne ist die Röntgendiagnostik unumgänglich. Ein Zahnfilm gibt Aufschluss über Lage und Ausmaß von Frakturen einzelner Zähne. Nach Stürzen, Unfällen oder Gewalteinwirkung sollte jedoch mitunter auch eine Panoramaschichtaufnahme angefertigt werden, um eventuell vorhandene Frakturen im Bereich des Unterkiefers oder des Kiefergelenkes ausschließen zu können.
Eine negative Vitalitätsprobe nach einem Trauma ist nicht zwingend eine Indikation zur Wurzelkanalbehandlung, da auch Woche bis Monate nach einem Trauma die Sensibilität zurückkehren kann. Ist dies nicht der Fall oder treten Beschwerden auf, die eine Wurzelkanalbehandlung nötig machen, so ist diese durchzuführen.
Therapie
Die Therapie einer Zahnhartsubstanzfraktur richtet sich immer nach der genauen Lokalisation der Verletzung. Ist lediglich etwasZahnschmelz abgebrochen, so kann der Zahn mittels Kunststoff wieder aufgebaut werden.
Ist auch das Dentin (Zahnbein) von der Fraktur betroffen, so muss die Dentinwunde mit einem Calciumhydroxid-Präparat versorgt werden.
Bei einer Eröffnung der Pulpa – des Zahnnervs – kann je nach Größe der Wunde versucht werden, den Zahn vital zu erhalten. Ist dies jedoch nicht möglich, so muss der Zahn wurzelkanalbehandelt werden.
Bricht die Wurzel eines Zahnes, so kann bei einer Fraktur im oberen oder unteren Wurzeldrittel versucht werden, den Zahn zu erhalten. Ist die Zahnwurzel mittig gebrochen, so muss der Zahn in der Regel extrahiert werden.
Liegt eine Subluxation vor empfiehlt es sich, den Zahn für ein bis zwei Wochen ruhig zu stellen und zunächst auf eine besonders weiche Kost zu achten, um den gelockerten Zahn nicht unnötig zu belasten und ein Wiedereinheilen zu ermöglichen.
Ein verlagerter Zahn wird zunächst reponiert, das bedeutet, er wird wieder in seine richtige Position gebracht. Anschließend erfolgt eine Schienung des Zahnes, um ein Einheilen zu ermöglichen. Weiche Kost und Nichtbelastung des Zahnes tragen ebenfalls zum Erfolg der Therapie bei.
Zähne die intrudiert, also nach innen verlagert sind, können sich, sofern das Wurzelwachstum noch nicht abgeschlossen ist, spontan wieder zurückstellen. Bei Zähnen mit bereits vollendetem Wurzelwachstum muss jedoch eine kieferorthopädische Extrusion – Verlagerung des Zahnes nach Außen – erfolgen.
Fällt ein Zahn aus, so gibt es einige Regeln zu beachten, um das Wiedereinsetzen des Zahnes zu ermöglichen beziehungsweise die Erfolgsaussichten deutlich zu erhöhen.
Der beste Ort, um einen ausgeschlagenen Zahn zu transportieren, ist die Mundhöhle. Dies ist jedoch bei kleinen Kindern nicht realisierbar aufgrund der Gefahr des Verschluckens oder gar der Aspiration des Zahnes.
In diesen Fällen sollte der Zahn feucht gehalten werden; empfohlen wird der Transport in etwas Milch. Wer sicher gehen will, den Zahn richtig aufzubewahren, kann auf die Zahnrettungsbox zurückgreifen.
Ebenso ist es wichtig, den Zahn auf keinen Fall selbst zu reinigen, egal wie schmutzig er mitunter erscheint. Bei der Reinigung wird die empfindliche Wurzelhaut zerstört, die zum Wiedereinheilen des Zahnes unbedingt notwendig ist. Daher gilt: Zahn feucht halten und schnellstmöglich eine kieferchirurgische Praxis oder Klinik aufsuchen. Dort wird der Zahn fachgerecht gereinigt und, sofern dies möglich ist, wieder eingesetzt.
Literatur
Gutwald R. Gellrich N.C. Schmelzeisen R. Einführung in die zahnärztliche Chirurgie. 1. Aufl. (2003)
Ott R. Vollmer H.P. Krug W. Klinik- und Praxisführer Zahnmedizin. (2003)